In der neuen Filmadaptation von Dune wissen wir sofort, wer zum bösen Harkonnen-Volk gehört: Sie sind dick, ihre Köpfe deformiert, sie haben Narben und Glatzen. Weil sie hässlich sind, müssen sie die Bösen sein. Ich meine das nicht wertend, aber Hollywood schon, denn die guten Atreides sind allesamt schauspieler*innen-schön. Möglicherweise wäre das bei einer Low Budget Produktion mit schlechten Schauspieler*innen verständlich, aber das Budget von Dune betrug 165 Millionen Dollar und mindestens zehn der beteiligten Schauspieler*innen waren für bekannte Filmpreise nominiert oder haben sie gewonnen. Trotzdem wird die Bösartigkeit der Bösen über ihr Aussehen kommuniziert.
Das größte Problem mit dieser Darstellung ist, was das für Menschen bedeutet, die fernab der Leinwand dick sind, keine Haare haben, deren Köpfe deformiert oder deren Narben sichtbar sind. Diese Variationen menschlichen Aussehens sagen nichts über den Charakter derjenigen aus, die zufällig diese Gene tragen. Absolut gar nichts. Ich bin Ärztin und kann euch garantieren, dass das sie nicht zu bösen Menschen macht. Narben sind Narben, keine Hinweise auf angeknackste Moral.
Doch wenn wir in Filmen lernen hässlich = böse, verändert das unseren Umgang mit diesen Menschen und konfrontiert sie ständig mit diesen Vorurteilen: Sie werden angestarrt oder gar angegriffen, auf Dating-Apps ignoriert oder gemobbt, kleine Kinder verwechseln sie mit Disney-Übeltäter*innen und weinen. Das (Über)Leben in einer Gesellschaft mit nadelöhr-eng definiertem Schönheitsideal ist anstrengend genug. Wir müssen es nicht noch schwerer machen, indem wir in der Popkultur Abweichungen vom ästhetischen Ideal mit moralischen Abweichungen der widerlichsten Sorte gleichsetzen. Denn diese Assoziation bleibt nicht in der Popkultur, sie driftet ins so genannte echte Leben hinüber – die Grenze, die unsere Gehirne zwischen diesen Sphären ziehen, ist sehr durchlässig.
Zusätzlich sind diese Casting- und Kostüm-Entscheidungen eine Beleidigung für Schauspieler*innen und Drehbuchautor*innen: Trauen Produzent*innen ihnen nicht zu, Bösartigkeit überzeugend zu spielen oder boshafte Szenen und Dialoge zu schreiben? Die Szene, in der die Harkonnen darüber diskutieren, ob sie Lady Jessica vergewaltigen sollen, bevor sie sie und ihren Sohn in der Wüste aussetzen, wäre auch mit Sexiest-Man-Alive-Darstellern verdammt unheimlich gewesen. Diese Figuren sind durch und durch böse – doch die Geschichte und die Performance hätten gereicht, um das zu kommunizieren.
Dass dieser Weg nicht gewählt wurde, beleidigt auch uns Zuschauer*innen. Die Zielgruppe von Dune sind Erwachsene, keine Kleinkinder, die gerade emotionale Intelligenz und Menschenkenntnis entwickeln (und deshalb keine vorurteilsgesteuerten Darstellungen sehen sollten). Wir brauchen keine platten Kostümhinweise, um die Bösen zu erkennen. Dreht die perfide Mimik und ruchlose Gestik auf, spielt schurkische Musik, macht die Szenen der Bösen dunkler als die der Guten. Aber nutzt eure Budgetmillionen nicht, um die Stigmatisierung von Menschen voranzutreiben, die das Pech haben, in einer schönheitsbesessenen Gesellschaft anders auszusehen als wir es gewohnt sind.
Das Gegenargument, dass das ironische Überzeichnung sein könnte, zieht nicht: In zu vielen Filmen sind die Guten schön und die Bösen hässlich; zu wenige brechen diese Zuordnung auf. So lange ersteres die Regel ist, ist das kein ironischer Kommentar des Status Quo, sondern seine Bestätigung.
Die Lösung ist nicht, nur noch schöne Menschen zu casten. Im Gegenteil – auch die Guten müssen hässlich sein dürfen: Unansehnliche Narben statt strategischer Kratzer, die im Kontrast zum perfekten Rest die Attraktivität nur erhöhen. Abwechslungsreiche Körperformen von dünn zu dick, damit unsere Sehgewohnheiten sich verändern und wir nicht mehr nur eine Figur schön finden. Ungewöhnlich geformte Köpfe, denn was sollen all diese langweiligen Ovoide mit Nasen? Nur so kann die Assoziation zwischen Aussehen und Moral gebrochen werden: Wenn Filme zeigen, dass Menschen unabhängig von ihrer Attraktivität auf der guten oder bösen Seite landen können – entscheidend sind ihre Handlungen, nicht die Optik.
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